Fritz-Walter-Gala: Botschafter Dr. Markus Merk im Interview
Dr. Markus Merk wurde in Kaiserslautern geboren. In seiner erfolgreichen Schiedsrichter-Karriere leitete er insgesamt über 400 Bundesliga-Spiele, 50 Länderspiele, sowie 78 Europapokal-Partien. Sieben Mal wurde er zum "DFB-Schiedsrichter des Jahres" ausgezeichnet. In den Jahren 2004, 2005 und 2006 bekam Merk den beachtlichen Titel "Weltschiedsrichter des Jahres" verliehen. Markus Merk kannte Fritz Walter persönlich, weshalb er noch heute viele, einzigartige Erinnerungen an seinen alten Freund hat. Im Interview spricht er über seinen "Fritz", die Arbeit der Fritz-Walter-Stiftung und die bevorstehende Fritz-Walter-Gala.
Fritz-Walter-Stiftung: Die Fritz-Walter-Stiftung engagiert sich gesellschaftlich in vielerlei Hinsicht und legt dabei ein besonderes Augenmerk auf die Jugendarbeit, wie beispielsweise bei den Schulfußballturnieren, bei denen jungen Menschen die Werte Fritz Walters vermittelt werden. Warum ist es aus Ihrer Sicht wichtig, gerade jungen Menschen, die Person Fritz Walter mit seinen Werten noch heute präsent zu machen?
Dr. Markus Merk: Zuerst einmal kann ich betonen, dass es auch ganz in meinem und unserem Sinne liegt. Mit meiner Frau zusammen habe ich auch eine Stiftung, die sich auch besonders an Bewegung für junge Menschen orientiert. Bewegung in doppelter Hinsicht, nämlich im sportlichen Sinne, aber auch, dass man junge Menschen motiviert. Wir haben am Montag im DBF-Campus in Frankfurt eine große Veranstaltung, bei der wir junge Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter aufgrund ihres großen Engagements sowohl auf, als auch außerhalb des Spielfeldes würdigen. Daher ist die Antwort auf diese Frage ganz einfach, weil Kinder und Jugendliche unsere Zukunft sind. Wir reden viel über Generationen, die Baby-Boomer und die neue Generation und da sieht man eben große Unterschiede. Ich glaube, die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass es wichtig ist, wenn möglich gemeinsam, diese wichtigen Dinge zusammen in die Gegenwart zu tragen. Viele Leute sagen, dass der Begriff „Wert“ überstrapaziert ist und er für viele in der heutigen Zeit nicht mehr aktuell ist. Aber ich glaube, er ist aktueller denn je. Und wenn man sich mit den jungen Menschen beschäftigt, dann spürt man, dass es ein aktuelles Thema ist. Und Fritz Walter war eben einer dieser großen Sportler, die zu einer großen Zeit nicht nur in sportlicher Hinsicht erfolgreich war. Der WM-Titel als Spielführer 1954 war ein riesiger sportlicher Erfolg für die deutsche Nationalmannschaft und das ganze Land insgesamt. Gerade in den 50er Jahren in den Zeiten nach dem Krieg, war das für die Menschen und das Land eine unfassbare Motivation. Es hat auch ein ganz neues Selbstbewusstsein im Land geschaffen. Und ich habe das ganz große Glück, was nur wenige Menschen gehabt haben, dass ich sagen kann und worauf ich sehr stolz bin, dass Fritz ein guter Freund zu mir war und ich zu ihm sein durfte. Das können nur ganz wenige Menschen aus meiner Generation sagen. Viele sind glücklich, wenn sie den Fritz überhaupt einmal getroffen haben. Deswegen ist es so wichtig, dass wir seine Werte, die wirklich außergewöhnlich waren, weitergeben und überliefern. Denn sie sind heute, genauso wie damals immer noch aktuell.
Fritz-Walter-Stiftung: Sie haben es eben schon angesprochen. Sie kannten Fritz Walter persönlich. An welches Erlebnis erinnern Sie sich zuerst, wenn Sie an ihn zurückdenken?
Dr. Markus Merk: Es gibt unglaublich viele Erlebnisse .Ich war natürlich ein begeisterter Fußballer. In meiner Generation war es das Größte, wenn man in Kaiserslautern geboren wurde und sich das rote Trikot überstreifte. Ich war Jugendspieler und es war der 31.10.1970, an dem ich mich zum ersten Mal bewusst an Fritz Walter erinnern kann. Der 31.10. ist Fritz Walters Geburtstag und dieser Tag war sein 50. Geburtstag. Wir haben damals mit unserer Mannschaft, ich war acht Jahre alt und habe in der E-Jugend gespielt, ein Vorspiel im Stadion machen dürfen. Und genau an diesem Tag bekam Fritz Walter vom damaligen Ministerpräsidenten Dr. Helmut Kohl, das Bundesverdienstkreuz im Stadion verliehen. Und wir duften dabei Spalier stehen. Ich war der zweite in der Reihe. Fritz kam und hat jedem von uns die Hand gegeben, das war wie ein Ritterschlag. Es gibt ein Bild, das ich Jahre lang gesucht habe und dachte, dass dieses Foto nur in meinem Kopf existiert hätte. Aber dieses Bild gab es tatsächlich, als er jedem jungen Spieler von uns die Hand schüttelte. Und ich schaute zu Fritz hoch. Kleiner Markus – großer Fritz. Das war die erste Begegnung an seinem 50. Geburtstag im Stadion bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes. Darauf folgten viele weitere Begegnungen. Fritz hat meine Laufbahn und Karriere als Schiedsrichter begleitet. Eine weitere Begegnung: Fritz war bekanntlich ein Sekt-Liebhaber. Nach meinem ersten Bundesliga-Spiel als Schiedsrichter gab es viele Gratulationen und auf einmal kam eine kleine Kiste mit 24 Piccolos vom Fritz Walter-Sekt in meine Kabine. Ich bin, so würde ich sagen, ein Urgestein der Fritz-Walter-Stiftung, daher war es für mich eine große Ehre, im Stiftungsrat oder jetzt auch als Botschafter aktiv zu sein. Es ist ein großes Erbe, das Fritz uns hinterlassen hat, ein positives Erbe für die Zukunft. Seine oft vielzitierten Werte sind für mich sehr wichtig. Ich habe sie in vielen Bereichen in meinem Leben gelebt und sie stärken mich immer wieder in anderen Bereichen. Ich denke, da darf man auch nie müde werden, solche positiven Werte von solch bescheidenen Menschen unserer Jugend für die Zukunft mitzugeben.
Fritz-Walter-Stiftung: In Ihrer Laufbahn als Schiedsrichter sorgten Sie immer für faire Verhältnisse auf dem Platz, während Fritz Walter in der Rolle als Spieler von Grund auf für Fairness im Spiel stand. War Fritz Walter in Ihrer Schiedsrichter-Laufbahn daher in gewisser Weise ein Vorbild für Sie?
Dr. Markus Merk: Er war menschlich insgesamt ein Vorbild für mich. Als Sportler und als Mensch. In der heutigen Zeit gibt es natürlich viele Menschen, die als Sportler große Leistungen bringen, die aber nur auf ihrem eigenen Weg verharren und das Umfeld nicht beachten. Fritz war ein erfolgreicher Sportler und ein toller Mensch, ein gesellschaftliches Vorbild. Nicht nur durch die Erfolge, die er bei der WM 1954 hatte und die beiden Meisterschaften mit dem FCK. Für mich war immer eines markant: 2019, als ich in einer schwierigen Zeit beim FCK in eine verantwortliche Position gewählt wurde, habe ich damals bei der Mitgliederversammlung einen Wert genannt, der heute in diesem Verein etwas überstrapaziert erwähnt wird. Was mich unglaublich motiviert hat und mir Orientierung gegeben hat war die Demut. So erfolgreich zu sein und solch einem enormen, gesellschaftlichen Hype ausgesetzt zu sein, wie es bei Fritz Walter der Fall war, war es bestimmt immer mal schwierig Mensch zu bleiben. Und genau das hat er geschafft. Auch bei großem Erfolg bodenständig zu bleiben und zu wissen, wo man herkommt. Genau das hat mich fasziniert. Das sehen wir gerade bei jungen Menschen, die ihre nächsten Schritte gehen und wie schwer es da manchmal sein kann, diese Bodenhaftung zu behalten. Immer zu wissen „wo kommst du her?“. Diese Demut hat mich persönlich in meiner Karriere, die weltweit stattgefunden hat, immer begleitet. Es war immer äußerst prägend. Aber auch dankbar sein, für den Erfolg, für den du natürlich hart gearbeitet hast. Wir zeichnen beim DFB in dieser Woche nun einen Schiedsrichter aus mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche, der nie große Spiele pfeifen wird. Aber diese Frage hat sich nie gestellt. Auch wenn er begeistert beim Integrationsturnier als vierter offizieller überwiegend aktiv ist, diese Begeisterung dieses jungen Menschen ist beachtenswert. Und dann denkst du dir selbst, wie viele tolle Dinge du schon erleben durftest und das ist diese Demut, die der Fritz geprägt hat.
Fritz-Walter-Stiftung: Nach mehrjähriger Pause findet die Fritz-Walter-Gala in diesem Jahr endlich wieder statt. Im großen Rahmen wird der Geburtstag des Stiftungsgründers auf der Festung Ehrenbreitstein in Koblenz gefeiert. Was wird aus Ihrer Sicht das Besondere an diesem Abend sein?
Dr. Markus Merk: Die erste Fritz-Walter-Gala wurde von einigen Menschen geprägt, die gesagt haben, dass wir diesen Namen und die Werte Fritz Walters weitertragen. Dann stellte man sich die Frage, in welchen Rahmen man das machen könnte. Und so ist man auf die Idee gekommen, die erste Fritz-Walter-Gala auszurichten und da war ich, um es bescheiden zu sagen, damals mit dabei. Wir haben diesen Tag der Gala, den 31.10., so festgelegt, da ich damals gesagt hatte, dass es einen besseren Tag nicht gibt, da es der Geburtstag von Fritz Walter ist und am nächsten Tag immer Feiertag ist. Diese Gala sollte immer an verschiedenen Orten abwechselnd in Rheinland-Pfalz stattfinden. Dann kam vor ein paar Jahren Corona dazwischen, was natürlich sehr schade war, da wir am 100. Geburtstag vom Fritz natürlich viel mehr vorhatten. Es hätte eine große Gala stattfinden sollen, nicht nur für die Ehrengäste und diesen relativ kleinen Kreis, sondern auch viel mehr für die Meschen. Denn Fritz war ein Mensch des Volkes und der Fans. Wir wollten im Stadion, um das Stadion herum in einem größeren Kreis Dinge stattfinden lassen, für die große Familie. Dieses Jahr findet die Gala wieder statt, dieses Mal in Koblenz. Es ist immer ein besonderer Moment. Ein Gedenken und ein Blick in ein neues Jahr, wo Menschen vor Ort sind, denen nicht nur Fritz Walter am Herzen liegt, sondern weil sie sich auch persönlich für die Sinne und Zwecke der Fritz-Walter-Stiftung engagieren. Ich sage immer, die Gala ist ein Anpfiff für das neue Jahr der Stiftung.